Europäische Vernetzung im Kampf gegen Steuerkriminalität bei Massendaten
Am 6. Oktober 2025 berichtete die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen über ein Treffen des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) mit der französischen Steuerfahndung Direction Nationale d’Enquêtes Fiscales (DNEF). Vertreter der DNEF waren bereits im Sommer nach Düsseldorf gekommen.
Eine Delegation aus Nordrhein-Westfalen reiste nun zum Gegenbesuch nach Paris, um gemeinsam Strategien gegen Steuerkriminalität zu entwickeln. Bei Zukunftsthemen wie Krypto-Assets – hierzu gehören beispielsweise Bitcoin (BTC), Ether (ETH), Solana (SOL) oder Non-fungible Tokens (NFTs) – und Künstliche Intelligenz (KI) wolle man künftig enger zusammenarbeiten.
Im Hinblick auf das Phänomen Steuerkriminalität stünden Steuerfahndungen „in ganz Europa vor der wachsenden Herausforderung, Massendaten zeitnah und zielgerichtet auszuwerten, um verdächtige Geldströme aufzuspüren“, so das Finanzministerium NRW in seiner Pressemitteilung. Zentrale Themen des Treffens waren daher die Frage des Umgangs mit solchen Massendaten und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Hintergrund: LBF NRW als zentrale Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität
Seit dem 1. Januar 2025 bündelt NRW die gesamte Steuerhinterziehungs-, Geldwäsche- und Cybercrime-Bekämpfung des Landes mit rund 1 200 Spezialistinnen und Spezialisten im LBF NRW. Diese Struktur ist in Deutschland einzigartig und ermöglicht insbesondere eine zentralisierte und schnellere Auswertung von Massendaten, gerade in Steuerfahndungsfällen im Bereich von Krypto-Währungen und anderen Krypto-Assets. Die Behörde koordiniert damit auch Auskunftsersuchen und Ermittlungen zu Kryptobörsen und Krypto-Steuersachverhalten insgesamt. Ziel ist es, Geldströme nachvollziehbar zu machen und Steuerhinterziehung konsequent zu verfolgen.
Umfangreiche Datenpakete und KI-gestützte Analyse – besonders im Bereich Krypto-Steuerfahndung
Die nordrhein-westfälische Steuerfahndung hat „bereits zwei Auskunftsersuchen an Kryptobörsen gestellt, um zu überprüfen, ob Gewinne ordnungsgemäß versteuert wurden“, teilt das Finanzministerium NRW mit. Die daraus resultierenden Daten werden bundesweit ausgewertet (mehr hier: Statements im Handelsblatt:-Artikel: Selbstanzeige: Krypto-Anleger im Fokus der Steuerfahnder).
Nach aktuellen, aber noch unbestätigten Informationen handelt es sich allerdings nicht um Anfragen bei mehreren Kryptobörsen, sondern allein um Daten der Krypto-Handelsplattform Bitcoin.de für die Jahre 2015 bis 2017 (mehr hier: Finanzämter und Bitcoin.de-Daten: Aktueller Stand von Krypto-Steuerverfahren nach Sammelauskunftsersuchen) sowie 2018 bis 2022. Man kann daher die Aussage des Finanzminsteriums NRW als eine geschickte Aktion einordnen, um Krypto-Investoren im Ungefähren zu lassen und sie in der Breite zu sensibilisieren, ihre Krypto-Geschäfte korrekt zu versteuern beziehungsweise entsprechende Gewinne nachzuerklären.
Ende September 2025 wurde bekannt, dass das LBF NRW das „zweite große Datenpaket“ analysiert, welches rund 4.000 potenzielle Steuerfälle umfassen soll (mehr hier: Krypto und Steuerhinterziehung: Finanzverwaltung NRW wertet zweites Datenpaket zu Kryptogeschäften aus).
Internationale Zusammenarbeit: Kryptobörsen im Visier
Die Pariser Gespräche zeigten, dass sowohl das LBF NRW als auch die DNEF die digitale Spur des Geldes verfolgen wollen. Die wachsende Bedeutung von Kryptobörsen und die damit verbundenen Risiken von Steuerhinterziehung und Geldwäsche machen eine enge Kooperation notwendig. Nordrhein Westfalen betont, dass Steuergerechtigkeit überall gelten müsse und dass sich die Auswertung von Krypto-Daten nicht auf Deutschland beschränkt. Auch die französische Steuerfahndung hat Krypto-Steuerhinterziehung auf dem Radar und möchte die Zusammenarbeit mit Deutschland ausbauen.
Ausblick: DAC8-Richtlinie – Neuer Stand 2025
Das Bundesfinanzministerium (BMF) legte zuletzt einen überarbeiteten Entwurf für das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2023/2226 (DAC8) vor und gab ihn zur Verbändeanhörung frei. Kernstück dieses Gesetzes ist das neue Kryptowerte-Steuertransparenzgesetz (KStTG), das Sorgfalts- und Meldepflichten für Anbieter von Krypto-Dienstleistungen sowie den automatischen Informationsaustausch über Krypto-Transaktionen regelt. In weiteren Artikeln des Gesetzespakets werden das EU-Amtshilfegesetz, das Finanzkonten-Informationsaustausch-Gesetz, die Abgabenordnung (§ 138f AO) und das Plattformsteuertransparenzgesetz geändert.
Kürzlich veröffentlichte die Bundesregierung ihren Entwurf zur Umsetzung der DAC8-Richtlinie. Dieser sieht nach Maßgabe der Richtlinie vor, dass die neuen Regelungen bis zum 31. Dezember 2025 in nationales Recht umzusetzen sind und ab dem 1. Januar 2026 gelten sollen. Neben der DAC8-Richtlinie berücksichtigt der Entwurf auch das OECD-Modell für die Meldung von Krypto-Vermögenswerten (CARF) und passt bestehende Gesetze an.
Die DAC8-Richtlinie erweitert und intensiviert die EU-weite Verwaltungszusammenarbeit, indem sie den automatischen Informationsaustausch über Kryptowerte zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten etabliert. Ziel ist es, die steuerliche Transparenz bei Krypto-Transaktionen zu erhöhen, Steuerhinterziehung zu bekämpfen und einen harmonisierten Rechtsrahmen für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten zu schaffen. Sie verpflichtet sogenannte Reporting Crypto Asset Service Provider (RCASP), personenbezogene Daten (Name, Adresse, Steuer ID), Transaktionswerte und Wallet-Adressen ihrer Kunden zu erfassen und an die Steuerbehörden zu übermitteln.
Daten vor 2026 sind grundsätzlich nicht meldepflichtig, jedoch können Steuerbehörden Sammelauskunftsersuchen an Krypto-Plattformen stellen. Laut EU-Kommission ist das Jahr 2026 das erste Berichtsjahr; der Informationsaustausch zwischen den Behörden erfolgt bis zum 30. September 2027. Die Richtlinie schließt damit eine Nachverfolgungslücke und orientiert sich am internationalen Crypto-AssetReporting-Framework (CARF).
Schlussfolgerung: Mehr Transparenz, geringere Anonymität und steigendes Entdeckungsrisiko in Krypto-Fällen
„Die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen, dass der Kampf gegen Steuerkrimininalität im Allgemeinen und Kryptosteuerhinterziehung im Besonderen in die nächste Phase übergeht“, so Krypto-Anwalt und Steuerstrafverteidiger Thorsten Franke-Roericht, LL.M. „Mit dem neuen LBF NRW sowie den europäischen und internationalen Meldepflichten im Krypto-Sektor werden Finanzamt, Steuerfahndung und Steuerstaatsanwaltschaft künftig auf einen deutlich größeren Datenpool zugreifen können.
CARF und DAC8-Richtlinie zwingen zentralisierte Krypto-Dienstleister dazu, ihre Prozesse an die verschärften Anforderungen anzupassen. Für Investoren in Krypto-Assets bedeutet dies ein erhöhtes Risiko, das Kryptosteuersachverhalte und Kryptosteuerhinterziehung entdeckt werden. Marktteilnehmer sollten daher frühzeitig ihre Dokumentations- und Reporting-Prozesse überprüfen. Der erwartete Informationsaustausch könnte zu vermehrten steuerlichen Berichtigungen und Selbstanzeigen führen.
Auch Dienstleister müssen mit einem erheblichen administrativen Mehraufwand rechnen. Die Kombination aus Zentralisierung im Bereich Steuerfahndung und europäischem sowie internationalem automatischen Informationsaustausch im Kryptofällen zeigt: Das Krypto-Steuerrecht bleibt dynamisch – eine frühzeitige Compliance ist der beste Schutz vor Ermittlungen durch die Steuerfahndung und minimiert das Risiko, später einen Krypto-Steueranwalt bzw. Krypto-Steuerstrafverteidiger einschalten zu müssen.
Quelle Pressemitteilung: Finanzministerium NRW vom 6. Oktober 2025, „Mehr Kooperation bei Krypto und KI: LBW NRW zu Besuch bei Steuerfahndung Frankreich“